Anleitung zur lymphologischen Kompressionsbandagierung am Bein
In diesem Workshop verwenden wir Softcompress Lymphsets (Pharmazentralnummer: PZN 7607490), die spezielle Polsterbinden enthalten. Diese gewährleisten auf jeder Höhe des Beins ein über den ganzen Umfang gleichmäßigen Kompressionsdruck. Druckspitzen an hervortretenden Knochen, etwa am Schienbeinknochen (Tibia) oder den Knöcheln (Malleolen), werden somit vermieden.
Die Polsterbinden ermöglichen auch eine gleichmäßige Zunahme der Beinumfänge vom Fuß (distal) bis zum Oberschenkel (proximal). Aufgrund des Laplace’schen Gesetzes (geringer Umfang –> hoher Druck, großer Umfang –> geringer Druck) wird somit ein kontinuierliches Druckgefälle von peripher nach zentral erreicht. Dieses ist Voraussetzung für einen ungestörten Abfluss von Lymphflüssigkeit und venösem Blut.
Um einen möglichst gleichmäßigen Zug der Kurzzugbinden zu erreichen, muss der Bindenkopf (die Rolle) ganz eng am Bein geführt und abgerollt und der (leichte!) Zug beim Weitergeben von einer zur anderen Hand nicht unterbrochen werden. Das kann dadurch erleichtert werden, indem jeweils eine Hand den Zug der Binde hält und die andere die Binde am Bein anmodelliert.
Nach Fertigstellen der Bandagierung muss das Druckgefälle von peripher (distal) nach zentral (proximal) unter Belastung kontrolliert werden. Dabei umfassen beide Hände mit prüfendem Druck (Daumen vorn, Fingerspitzen hinten) den Fuß, anschließend den Knöchelbereich und wiederholen das nach und nach bis zum oberen Ende der Bandagierung. Falls Schwachstellen festgestellt werden, können diese mit einer 12 cm-Kurzzugbinde ausgeglichen werden.
Wichtig: Der fertige Verband darf keinesfalls Schmerzen verursachen. Eine korrekt angelegte Bandagierung empfindet der Patient wie eine „zweite Haut“.
Bandagematerial (ist bei Bedarf zu erweitern)
- Schlauchverband in entsprechender Länge/Größe
- 4cm Mullbinde für die Zehen
- (6 cm-Binde auf 3 cm zusammengefaltet ist vorzuziehen)
- 1x 6cm Mullbinde für Fuß und Knöchelbereich
- 10cm Polsterbinde für den Fuß und Unterschenkel
- 8 oder 10cm Kurzzugbinde für den Fuß
- 2x 10cm Kurzzugbinde für den Unterschenkel
- 14cm Polsterbinde für Knie und Oberschenkel
- 10cm oder 12cm Kurzzugbinde für das Knie
- 2x 12cm Kurzzugbinden für den Oberschenkel
- 20cm Kurz- oder Langzugbinde
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Vorbereitung:
- Vor dem Anlegen der Bandage das Bein mit Hautpflegemittel (pH-neutral, ohne Alkohol und Parfum) eincremen
- Patient liegt auf dem Rücken oder sitzt, Fuß und Unterschenkel ragen über den Rand der Liege hinaus
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Schlauchverband, 4cm Mullbinde
Schlauchverband
- etwa 10 cm länger als das Bein zuschneiden (wird später am oberen Ende umgeschlagen)
- über das Bein bis zur Leiste ziehen
- nochmals etwas nach oben und dann wieder nach unten ziehen (damit Härchen nicht in falscher Richtung zu liegen kommen, könnte später Juckreiz verursachen!)
- Zehen frei lassen
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4cm Mullbinde (o. halbierte 6cm) für die Zehen
- auf der Mitte des Fußrückens an Kleinzehenseite beginnen
- einige male um den Fuß herum wickeln (Haltetour)
- über den Fußrücken zur Großzehe und vor der zweiten Zehe um die Großzehe wickeln
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- über den Fußrücken zur Großzehe und vor der zweiten Zehe um die Großzehe wickeln
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- mehrere Male um die Großzehe wickeln bis Verband „blickdicht“ ist
- unter der Fußsohle hinter dem Fußballen (Ballen bleibt frei!)
- zum Fußrücken und über die Großzehenseite
- zur Startposition (keine Haltetour)
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- zweite Zehe genauso bandagieren wie die Großzehe
- zur Startposition (keine Haltetour)
- nacheinander die anderen Zehen genauso wickeln (nur kleine Zehe nicht wickeln!)
- Rest der Binde über Fußrücken abwickeln (Haltetour)
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6cm Mullbinde für den Fuß
- von Kleinzehenseite an der Mitte des Fußrückens anlegen (Fixierung der Zehenbinde)
- Haltetour um den Fuß
- Fuß 90 Grad anwinkeln und angewinkelt lassen (Funktionsstellung)
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- von Kleinzehenseite über Fußrücken zum medialen Knöchel (Fußinnenseite) und um die Knöchelpartie herum (Mit dieser Bindentour können ggf. nierenförmige Polster in der Achillessehnenloge fixiert werden.)
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- Rest der Binde gleichmäßig um den Fuß verteilen und über das Sprunggelenk zum Unterschenkel abwickeln
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Die 6 cm-Mullbinde kann zum Polstern des Sprunggelenkes genutzt werden und zur gleichzeitigen Fixierung von nierenförmigen Polstern zur Druckerhöhung bei ödematisierten Achillessehnenlogen. (im Bild grau angedeutet) |
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10cm Polsterbinde für Fuß und Unterschenkel
10cm Kurzzugbinde für den Fuß
- von Kleinzehenseite mit Überlappung der Zehengrundgelenke 3 x um den Vorfuß herum (Haltetour)
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- von der Startposition an der Kleinzehenseite über den Fußrücken zur Großzehenseite schräg von den Zehen weg (nach proximal) wickeln
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- unter der Fußsohle zur Kleinzehenseite
- über den Fußrücken zurück zur Großzehenseite schräg zu den Zehen hin (nach distal): „Kornähre“
- über die Fußsohle zur Kleinzehenseite etwas oberhalb der Zehengrundgelenke zurück zur Startposition
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Hinweis: Nicht auf die Ferse achten, die „packt sich von alleine ein“! Das Ganze, je nach Größe des Fußes, 3-4 x wiederholen und dabei in kleinen Abständen zum Sprunggelenk hin wickeln.
- ab Sprunggelenk wickeln bis etwa unteres Drittel des Unterschenkels
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Erste 10cm Kurzzugbinde für den Unterschenkel
- von der Kleinzehenseite her anlegen
- einen Finger breit oberhalb des Fußrückens beginnen (Haltetour)
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- über den Unterschenkel bis einen Finger breit unterhalb der Beugefalte der Kniekehle wickeln
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Zweite 10cm Kurzzugbinde für den Unterschenkel
- an Großzehenseite beginnen und genauso wickeln wie die erste 10 cm-Kurzzugbinde für den Unterschenkel jedoch in entgegengesetzter Richtung
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- Ende mit Klebeband fixieren
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14cm Polsterbinde für Knie und Oberschenkel
- Patient steht aufrecht mit leicht (10-15 Grad) angewinkeltem Knie (Funktionsstellung)
- Anfang der Binde von der Beininnenseite her in die Kniekehle legen
- um das Knie und über den Oberschenkel bis an die querverlaufene Gesäßfalte schräg in den Leistenverlauf (Schritt) wickeln (Männer dabei Genital zur anderen Seite halten)
Hinweis: Falls das Bein des Patenten stark konisch ist und der Verband rutscht,
- den Schlauchverband weglassen und die Polsterbinde direkt auflegen oder
- mit Polsterbinde Haltetour in der Leiste beginnend nach unten (von proximal nach distal) wickeln
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10cm oder 12cm Kurzzugbinde für das Knie
- unterhalb des Knies an der Kleinzehenseite beginnen (Haltetour)
- den Unterschenkel abwärts wickeln
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- über den „Flaschenhals“ (Innenseite des Knies) zum Oberschenkel kreuzen
- seitlich am Oberschenkel oberhalb des Knies herauskommen
- gerade vor dem Knie am Oberschenkel entlang (lateral → medial)
- zurück über den „Flaschenhals“ (Innenseite des Knies) zum Unterschenkel kreuzen
- seitlich am Unterschenkel unterhalb des Knies wieder herauskommen
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- Wiederholung des vorherigen Schrittes (1x), nur etwas enger (Knie wird von proximal und distal zugebaut)
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- nach der Wiederholung kommt man auf Höhe der Patella (Kniescheibe) heraus
- Rest der Binde nach oben zum Oberschenkel abwickeln bis etwa zum unteren Drittel des Oberschenkels
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12cm Kurzzugbinde für den Oberschenkel
- daumenbreit proximal der Patella an Kleinzehenseite (fibular) beginnen
- zirkulär über den Oberschenkel bis kurz vor der querverlaufenen Gesäßfalte, aber schräg in den Leistenverlauf wickeln
- etwa 1cm der Polsterbinde über der Kurzzugbinde stehen lassen
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Zweite 12cm Kurzzugbinde für den Oberschenkel
- von Großzehenseite beginnen und genauso wickeln wie die erste 12 cm-Kurzzugbinde, nur in entgegengesetzte Richtung
- Ende mit Klebeband fixieren
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20cm Kurz- oder Langzugbinde
- vom Knöchel, an der Kleinzehenseite bis in die Leiste wickeln (auch hier den Gesäßfalten- und Leistenverlauf beachten)
- Ende festkleben
- Ende des Schlauchverbandes und überstehender Teil der großen Polsterbinde umschlagen und so einen weichen Bandageabschluss schaffen
- gleichzeitig werden die Pflaster geschützt
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von Sascha Ternedde